- 14.05.2024
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Brennende Angelegenheiten: Nepals Kampf gegen den Würgegriff des Tabaks auf Gesundheit und Wirtschaft
Die zunehmenden Auswirkungen des Tabakkonsums auf die Gesundheit und das Leben der Nepalesen sind alarmierend: 19,4 % der Todesfälle sind auf tabakbedingte Krankheiten zurückzuführen und das BIP ist um 1,04 % gesunken.
von Anjana Lamichhane
Trotz gerichtlicher Auseinandersetzungen und der Tatsache, dass mittlerweile 90 % der Zigarettenpackungen mit bildlichen Warnhinweisen versehen sind, liegt die Raucher:innenquote immer noch bei 31,7 %. Trotz einer begrüssenswerten Erhöhung der Verbrauchsteuern in den letzten zwei Jahren liegt die Besteuerung immer noch unter dem empfohlenen Niveau. Studien zeigen, dass der Anteil illegaler Zigaretten verschwindend gering ist (0,33 %). Die Tatsache, dass die Regierung nach wie vor den Argumenten der Tabakindustrie bezüglich des illegalen Handels Glauben schenkt, und die Sorge um die wirtschaftlichen Auswirkungen verhindern weitere Steuererhöhungen. Die von den Befürworterinnen und Befürwortern vorgelegten Beweise und Massnahmen werden ignoriert. Für eine tabakfreie Zukunft muss Nepal einer evidenzbasierten Politik Priorität einräumen, die Steuern erhöhen, die Industrie stärker überwachen und sicherstellen, dass angemessene Kontrollmassnahmen wirksam umgesetzt werden.
Die weitreichenden Auswirkungen des Tabaks
Der Tabakkonsum hat erhebliche und zunehmend negative Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben der nepalesischen Bevölkerung. Er spielt eine wichtige Rolle bei der Verbreitung nichtübertragbarer Krankheiten – der häufigsten Todesursache in Nepal, die für einen von fünf Todesfällen (19,4 %) verantwortlich ist. [1] Zusätzlich zu den Gesundheitskosten belaufen sich die volkswirtschaftlichen Kosten des Tabaks im Jahr 2020 auf 1,04 % des BIP (ca. 300 Mio. USD). Nach der Ratifizierung des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC) am 7. November 2006 hat Nepal eine Reihe von Massnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums ergriffen, darunter die Verabschiedung des Gesetzes über Tabakerzeugnisse (Kontrolle und Regulierung) (2011), die Einführung der Pflicht, mehr als 75 % der Oberfläche von Zigarettenpackungen mit Gesundheitswarnungen zu versehen, und ein Werbeverbot für Tabakerzeugnisse. [2]
Gesetzliche Meilensteine und anhaltende Herausforderungen
Im Jahr 2015 verabschiedete Nepal Vorschriften zur Ausweitung der bildlichen Warnhinweise auf 90 % der Oberfläche von Zigarettenpackungen – ein Meilenstein, der dem Land internationale Anerkennung und den renommierten Bloomberg Award einbrachte.[3] Die Tabakindustrie reichte jedoch beim Obersten Gerichtshof eine Petition gegen die Regierungsverordnung ein, was zu einer Gegenklage von Vertreterinnen und Vertretern der öffentlichen Gesundheit führte. Nach einem achtjährigen Rechtsstreit entschied der Oberste Gerichtshof Nepals am 28. August 2022 zugunsten des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und verpflichtete die Industrie, auf 90 % der Tabakverpackungen bildliche Gesundheitswarnungen aufzudrucken (Abbildung 2). [4]
Anhaltend hohe Prävalenz des Tabakkonsums
Trotz entschlossener Bemühungen, den Tabakkonsum in Nepal zu reduzieren, ist die Prävalenz des Tabakkonsums in den letzten zehn Jahren konstant hoch geblieben. Laut der STEPS-Erhebung lag die Prävalenz 2012/13 bei 30,8 % und 2019 bei 28,9 %. [5] [6] Zuletzt ergab die Erhebung des NDRI im Dezember 2019 sogar eine noch höhere Prävalenzrate von 31,7 %. [7]Die konstant hohen Prävalenzraten in Nepal deuten darauf hin, dass der Tabakkonsum auch in Zukunft eine der Hauptursachen für Krankheit und vorzeitigen Tod bleiben wird, wenn die Regierung nicht entschlossen handelt.
Bedeutung von Steuern und Preisgestaltung
Eine der wirksamsten Strategien zur Reduzierung des Tabakkonsums ist die Besteuerung.[8] Die Tabaksteuern in Nepal liegen jedoch immer noch weit unter den regionalen und internationalen Empfehlungen. Nach jahrelangem Engagement hat die nepalesische Regierung die Verbrauchssteuer um 25 % erhöht (die höchste Erhöhung seit zwei Jahrzehnten) und eine Gesundheitssteuer von 20 % für das Steuerjahr 2021/22 sowie eine weitere Erhöhung um 20 % für das Steuerjahr 2022/23 eingeführt. Diese Entwicklung ist zu begrüssen. Trotz dieser Erhöhungen liegt der Anteil der Steuern am Einzelhandelspreis in Nepal nur bei 41% und inflationsbereinigt derzeit bei etwa 39%.[9] Dies hat dazu beigetragen, dass Tabakprodukte in Nepal erschwinglicher geworden sind. Ein Argument gegen weitere Steuererhöhungen war die Befürchtung, den illegalen Handel zu fördern. Eine Studie des NDRI aus dem Jahr 2022 zeigt jedoch, dass die Verbreitung illegaler Zigaretten in Nepal vernachlässigbar ist – weniger als ein Prozent (0,33 %) der untersuchten Packungen – und widerlegt damit die Behauptungen der Tabakindustrie.[10] Trotz dieser Beweise glaubt die Regierung weiterhin den Behauptungen der Tabakindustrie und zögert, die Steuern zu erhöhen. Gründe dafür sind Bedenken hinsichtlich des illegalen Handels, der Auswirkungen auf die Industrie und der Substitutionsprobleme. Die Vorbehalte gegenüber Steuererhöhungen halten also an, obwohl die Beweislage für Steuererhöhungen zur Eindämmung des Tabakkonsums eindeutig ist.
Fazit
Obwohl Nepal auf dem Papier über lobenswerte Tabakkontrollmassnahmen verfügt, sind diese in der Praxis oft nur begrenzt wirksam. Nepal muss daher evidenzbasierten Massnahmen Priorität einräumen. Dazu gehören die Erhöhung der Tabaksteuern, die Bekämpfung des Einflusses der Industrie und die Sicherstellung einer effektiven Umsetzung, um eine tabakfreie Zukunft zu schaffen und die öffentliche Gesundheit zu schützen.
Anjana Lamichhane hat einen Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften von der Tribhuvan-Universität in Nepal und ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programm Wirtschaft und Gesundheit am Nepal Development Research Institute (NDRI). Dabei arbeitet sie mit dem Tabak-Kontrollprogramm des Cancer Research UK Fund zusammen, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Tabakpolitik in Nepal wissenschaftlich zu beraten.
Als Wissenschaftlerin und Wirtschaftsanalystin spielt Anjana eine wichtige Rolle bei der Erforschung der negativen Auswirkungen des Tabak auf die öffentliche Gesundheit und die Volkswirtschaft, zudem bei der Bewertung, wie wirksam die Tabaksteuer ist und bei der Beratung der Regierung, wenn es darum geht, wirksame Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums umzusetzen. Ihr Engagement bei diesem Programm zeigt, wie wichtig ihr dieses Thema ist und unterstützt ihre Mission, einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft zu haben. Mit ihrer Arbeit verbessert Anjana Lamichhane nicht nur die öffentliche Gesundheit, sondern fördert auch die aufstrebende Wirtschaft in Nepal.
Organisation: Nepal Development Research Institute, Lalitpur, Nepal
[1] Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME): 2019 (http://ghdx.healthdata.org/gbd-results-tool, zuletzt besucht am 31. Juli 2023.
[3] https://www.citizen-news.org/2015/03/wake-up-call-for-south-asian-nations.html
[4] https://theunion.org/news/public-health-win-supreme-court-of-nepal-dismisses-industry-challenge
[5] Non-communicable Disease Risk Factors: STEPS Survey Nepal 2013. URL: https://nhrc.gov.np/wp-content/uploads/2017/02/noncommunicable-disease-report_2012_2013.pdf
[6] Non-communicable Disease Risk Factors: STEPS Survey Nepal 2019. URL: https://www.who.int/docs/default-source/nepal-documents/ncds/ncd-steps-survey-2019-compressed.pdf
[9] https://ndri.org.np/publication/details/policy-paper-excise-tax-on-cigarettes-in-the-202324-budget
[10] Shakya S, Lamichhane A, Karki P, et al. Extent of illicit cigarette sales in Nepal: findings from a retail survey. Tobacco Control Published Online First: 6 April 2023. doi: 10.1136/tc-2022-057619 Published Online First: 6 April 2023. doi: 10.1136/tc-2022-057619