E-Zigaretten: Bundesrat ignoriert Gefahr und verzichtet auf Jugendschutz

Der Bundesrat ignoriert die Warnungen der Gesundheitsorganisationen und schlägt dem Parlament eine Besteuerung für E-Zigaretten vor, die viel zu tief angesetzt ist und zusätzlich noch Liquids mit hohem Nikotingehalt bevorzugt. Zudem verzichtet er auf eine Mindeststeuer, um Dumpingpreise zu verhindern. Er ignoriert damit auch die Empfehlungen der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren. Der Schutz der Kinder und Jugendlichen ist mit diesem Vorschlag nicht gewährleistet.

In der Schweiz explodieren die Verkaufszahlen für E-Zigaretten. Immer mehr Kinder und Jugendliche konsumieren diese gesundheitsschädlichen und süchtig machenden Produkte. Der Zigarettenkonsum aber sinkt nicht. Das ist einer der wichtigen Gründe, wieso E-Zigaretten zukünftig besteuert werden müssen. Seit 2008 auf dem Schweizer Markt, haben sich die E-Zigaretten rasant weiterentwickelt, mit tausenden verschiedenen Liquids und Aromen. Diese zumeist in China produzierten Produkte und Flüssigkeiten unterliegen keinerlei Qualitätskontrollen. Insbesondere die elektronische Zigarette der fünften Generation, besser bekannt als Puff Bars, ist bei Jugendlichen sehr beliebt, der Konsum bei Minderjährigen explodiert aktuell. Das Marktwachstum dieses Jahr kann auf bis zu 2'200% geschätzt werden.[1] Das Erscheinen von E-Zigaretten auf dem Schweizer Markt hatte keinen Rückgang der Prävalenz des Tabakkonsums zur Folge. Der Verkauf von Zigaretten stieg im Jahr 2020 sogar um 4%.[2] Es ist zu befürchten, dass E-Zigaretten ein neues Tor zur Nikotinabhängigkeit sind und der gleichzeitige Konsum verschiedener Tabak- und Nikotinprodukten zunimmt.

Die Idee des Bundesrates, allein die Flüssigkeitsmenge zu besteuern (und nicht die Konzentration der Inhaltstoffe), ist zum Scheitern verurteilt: Wir sehen in anderen Ländern, dass die Liquids konzentriert werden (gleiche Menge an Inhaltsstoffen, bei weniger Flüssigkeit), um die Steuer zu reduzieren und damit letztlich zu umgehen.

Der Bundesrat ignoriert in seiner Botschaft alle zentralen Punkte des Vorschlags der Gesundheitsorganisationen, welcher das Augenmerk auf den Kinder- und Jugendschutz richtet:

  • Der Bundesrat verzichtet auf eine Mindestbesteuerung für E-Zigaretten, die für einen wirksamen Jugendschutz unabdingbar ist.
  • Er spricht sich für eine tiefe Besteuerung und gegen ein Modell aus, welches den Nikotinanteil stark besteuert, obwohl dieser für das Suchtpotential verantwortlich ist.
  • Er verzichtet auf eine Anpassung (Erhöhung) der Steuersätze für alle Tabakprodukte (klassische Rauchwaren), obwohl diese ein massives Schadenspotential aufweisen.
  • Er verzichtet darauf neu eine Präventionsabgabe auf E-Zigaretten zu erheben.
  • Er verzichtet darauf zukünftig die Entwicklung des Marktes zu beobachten.

Der Bundesrat ignoriert mit seinem Vorschlag das Suchtpotential und die Gesundheitsrisiken von E-Zigaretten für Kinder und Jugendliche.

Die AT Schweiz und die sie unterstützenden Gesundheitsorganisationen werden im Parlament dafür kämpfen, dass die Massnahmen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen wieder in die Vorlage aufgenommen werden. Unser Ziel ist eine umfassende Revision des Tabaksteuergesetz, dazu gehört die Erhöhung und Anpassung der Tabaksteuersätze für sämtliche Tabak- und Nikotinprodukte.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an

Wolfgang Kweitel, Public Affairs,

wolfgang.kweitel@at-schweiz.ch / 031 599 10 22

Frankreich: Explosionsartige Zunahme des Konsums von Puff Bars und Forderung nach einem Verbot

Neue Zahlen zeigen, dass in Frankreich bereits 10% aller Jugendlichen zwischen 13 und 16 Jahren schon mal eine Puff Bar konsumiert haben, obwohl dort der Verkauf an Minderjährige verboten ist. Die Suchtgefahr und die Gefahr langfristiger Gesundheitsrisiken für unsere Jugendlichen sind hoch. Die L’Alliance Contre le Tabac (ACT, France) fordert aufgrund dieser Erkenntnisse ein sofortiges Verkaufsverbot für Einweg-E-Zigaretten. Diese Zahlen aus Frankreich sind umso beunruhigender, als ein schweizweites Verkaufsverbot an Minderjährige noch fehlt.[3]

Sind E-Zigaretten 95% weniger gefährlich? Eine Schätzung ohne wissenschaftliche Grundlage

Elektronische Zigaretten sind nicht 95% weniger gefährlich, wie oft fälschlich behauptet wird. Für diese Aussage fehlt eine wissenschaftliche Grundlage: Die Zahl ist ein Märchen, welches von der Tabakindustrie und von Forschenden mit nachweislichen Verbindungen zu ihr, behauptet wird. Grundlage ist eine «Studie», welche bei genauerer Betrachtung eine willkürliche Schätzung ist, durch eine handverlesene Gruppe von Experten.[4] Ein Leitartikel in The Lancet aus dem Jahr 2015 zeigt in aller Deutlichkeit, dass die wissenschaftliche Grundlage für die Behauptung willkürlich ist und die Autorenschaft Verbindungen zur Tabakindustrie haben.[5] Das Fehlen wissenschaftlicher Beweise hinter der Behauptung wurde erst kürzlich erneut bestätigt.[6] Obwohl sie nach heutigem Kenntnisstand mutmasslich weniger schädlich sind, sind die langfristigen Auswirkungen von E-Zigaretten noch wenig bekannt und es vor allem darum geht, Nichtrauchende zu schützen.

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[1] https://www.at-schweiz.ch/blog-at/cigarettes-electroniques-jetables?lang=fr

[2] https://www.at-schweiz.ch/de/at-blog/einweg-e-zigaretten/

[3] https://alliancecontreletabac.org/2022/10/25/1-ado-sur-10-a-deja-utilise-la-puff-lact-reclame-son-interdiction/

[4] Nutt, David J.; Phillips, Lawrence D.; Balfour, David; Curran, H. Valerie; Dockrell, Martin; Foulds, Jonathan et al. (2014): Estimating the harms of nicotine-containing products using the MCDA approach. In European addiction research 20 (5), pp. 218–225. DOI: 10.1159/000360220.

[5] Lancet, The (2015): E-cigarettes: Public Health England's evidence-based confusion. In The Lancet 386 (9996), p. 829. DOI: 10.1016/S0140-6736(15)00042-2.

[6] https://news.vcu.edu/article/An_oftenmade_claim_that_ecigarettes_are_95_safer_is_not_valid

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