Neues Gesetz für Tabak- und Nikotinprodukte mit Defiziten

Am 1. Oktober tritt das neue Tabakproduktegesetz in Kraft: Neu gilt schweizweit ein Mindestalter 18 für Tabak- und Nikotinprodukte. Das Rauchverbot gilt neu auch für E-Zigaretten. Das inhaltlich schwache Gesetz hinkt bereits beim Inkrafttreten der Entwicklung hinterher. Es sind rasche Anpassungen nötig.

Der Bundesrat hat beschlossen, das neue Bundesgesetz über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten (Tabakproduktegesetz), mit entsprechenden Anpassungen im Passivrauchschutzgesetz, im Tabaksteuergesetz sowie im Radio- und TV-Gesetz, am 1. Oktober in Kraft zu setzen: Neu gelten in allen Kantonen dieselben Abgabebestimmungen für Tabak- und Nikotinprodukte. Zudem werden E-Zigaretten und Nikotinprodukte erstmalig schweizweit den Tabakprodukten gleichgesetzt.

Die wichtigsten schweizweiten Neuerungen

Mindestalter 18: Es ist verboten, Tabakprodukte und elektronische Zigaretten sowie gleichartige Produkte (z.B. Nikotinbeutel) an Minderjährige zu verkaufen.

Werbeeinschränkungen: Verboten sind nun einheitlich in allen Kantonen Plakatwerbung, Werbung in den Kinos, im ÖV, in öffentlichen Gebäuden, auf Sportplätzen und Sportveranstaltungen. Das Werbeverbot für Tabakprodukte in Radio und TV gilt neu auch für Nikotinprodukte, sowie für elektronische Zigaretten ohne Nikotin.

Warnhinweise: Die Warnhinweise werden (nach 14 Jahren) erstmalig leicht überarbeitet und mit einem Rauchstopp-QR-Code ergänzt.

Rauchverbot: Der Passivrauchschutz in Innenräumen wird auf E-Zigaretten und Produkte mit erhitztem Tabak (Tabakerhitzer) ausgeweitet.

Besteuerung E-Zigaretten: Neu werden auch Einweg-E-Zigaretten und E-Liquids mit Nikotin mit einer (tiefen) Tabaksteuer belegt.

Ein ungenügendes Gesetz

Das Tabakproduktegesetz wurde 2021 nach über sechsjährigem Ringen zwischen den Unterstützer:innen der Tabakindustrie und jenen der Gesundheitsfachleute vom Parlament beschlossen. Es tritt nun neun Jahre (!) nach dem ersten bundesrätlichen Vorschlag ein Gesetz in Kraft, welches die gestellten Anforderungen inhaltlich nur ungenügend erfüllt (Schutz der Menschen, insbesondere der Minderjährigen, vor den schädlichen Auswirkungen, sowie Konsumverringerung).

Werbung: Online- und Printwerbung für Tabak- und Nikotinprodukte bleibt im bisherigen Umfang erlaubt.

Verkaufsförderung (Promotion): Promotionsaktionen, eine der wirksamsten Formen von Werbung, bleiben grundsätzlich erlaubt.

Sponsoring: Es gilt neu ein Sponsoringverbot für Veranstaltungen mit «internationalem» Charakter, nicht aber eines für nationale und regionale Veranstaltungen. Damit anerkennt das Gesetz lediglich die existierende Realität: In den meisten Nachbarländern gelten bereits seit Jahren Sponsoringverbote.

Kontrollen: Das Gesetz bietet lediglich eine Grundlage für Testkäufe am Kiosk, zur Kontrolle, ob das Verkaufsverbot an Minderjährige eingehalten wird, jedoch keine für Online-Testkäufe! Allgemein gibt es kaum Vorgaben an die Kantone für Kontrollen der Verbote oder Sanktionen bei Verstössen.

Zusatzstoffe: Suchtverstärkende oder die Toxizität steigernde Zusatzstoffe in Tabak- und Nikotinprodukten, wie beispielsweise Menthol, bleiben in der Schweiz erlaubt.

Die Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz, Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle, hält fest: «Die Schweiz bleibt damit weiterhin das Schlusslicht in der Tabakprävention in Europa, mit den schwächsten Regeln für Tabakwerbung.»

Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» muss umgesetzt werden

Als Reaktion auf das ungenügende Tabakproduktegesetz lancierten die grossen Gesundheitsorganisationen der Schweiz die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder ohne Tabak)»: Tabakwerbung darf Kinder und Jugendliche nicht mehr erreichen. Am 13. Februar 2022 haben 56,6% der Bevölkerung und 15 Stände die Volksinitiative angenommen, gegen den Widerstand von Bundesrat, Parlament und der Tabaklobby. Bislang kann sich das Parlament nicht zu einer verfassungskonformen Umsetzung der Volksinitiative durchringen.

Die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz fordert, dass die Lücken im Tabakproduktegesetz so rasch wie möglich geschlossen werden und dass die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» vom Parlament dem Volkswillen entsprechend umgesetzt wird. Es geht um einen wirksamen und glaubwürdigen Jugendschutz.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an

Wolfgang Kweitel, wolfgang.kweitel@at-schweiz.ch / 031 599 10 22

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