Schweiz: Wie die Zigarettenindustrie das Verbot von Tabakrabatten unterlaufen will

Mit der unmittelbar bevorstehenden Einführung des neuen Bundesgesetzes, das gewisse Rabatte für Tabakprodukte verbietet, führen Zigarettenhersteller wie Philip Morris schon heute Massnahmen ein, um die Wirkung des Gesetzes zu unterlaufen. Mit den neuen, preiswerten 25-Zigaretten-Paketen wollen sie Raucherinnen und Raucher binden und ihre Produkte für jüngere Konsumierende erschwinglich machen.

Laut der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) verharrt die Tabakprävalenz bei Menschen ab 15 Jahren in der Schweiz auf hohem Niveau (24 %). Eine Studie der Universität Genf ergab 2020, dass die jungen Schweizerinnen und Schweizer viel stärker mit Tabakwerbung konfrontiert sind als Gleichaltrige in Ländern mit strengerer Regulierung.[1]

So wollen einige Zigarettenhersteller das Gesetz unwirksam machen

Das neue schweizerische Antitabak-Gesetz (Tabakproduktegesetz TabPG) tritt diesen Herbst in Kraft. Es soll den Tabakkonsum senken, verbietet dazu gewisse Rabattmöglichkeiten und schränkt die Werbung für Tabakprodukte stark ein. Hauptziel ist der Schutz der Jugend vor Tabakwerbung und die Reduktion der Attraktivität dieser Produkte.

Die Zigarettenfabrikanten haben dem nahenden Inkrafttreten des Gesetzes vorgegriffen, um ihre Kundschaft bei der Stange zu halten. Neue «Big Pack»-Pakete mit 25 Zigaretten und mehr statt der üblichen 20 werden zu günstigen Preisen feilgeboten. So wird ein normales Paket der Marke Parisienne zu CHF 8.80 angeboten, während das Big Pack nur CHF 9.00 kostet. Dies entspricht einem versteckten Rabatt von 18 Prozent pro Zigarette. [2] Mit dieser Strategie werden Raucherinnen und Raucher vom Aufhören abgehalten, und die Produkte werden für ein jüngeres Zielpublikum finanziell attraktiver. Dies könnte die Wirksamkeit der neuen Gesetzgebung unterlaufen, weil solche Preissenkungen Anreize setzen, mehr Zigaretten zu kaufen. Zudem nimmt die Attraktivität für ein breiteres Zielpublikum bestehender und künftiger Konsumierender zu, wenn das Angebot mit zusätzlichen Paketgrössen ausgebaut wird.

Eine weiterhin äusserst lasche Antitabak-Gesetzgebung

Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist die Antitabak-Gesetzgebung in der Schweiz äusserst lasch, namentlich was das Verbot von Tabakwerbung und Promotion anbelangt. Die angekündigten Massnahmen wurden erst dank heftiger Kämpfe der Gesundheitsakteure verabschiedet, bleiben im internationalen Vergleich aber dürftig. Noch immer ist die Schweiz eines der letzten Länder weltweit, welches das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC) nicht ratifiziert hat.[3]Zudem liegt die Schweiz laut dem jüngsten Global Tobacco Industry Interference Index auf dem 2. Rang der am stärksten von der Tabakindustrie beeinflussten Länder. Dieser Einfluss auf die Entscheidungsträger hat namentlich damit zu tun, dass zwei Zigarettenfabrikanten ihren weltweiten Hauptsitz hier haben und damit auch enge Beziehungen zu den Entscheidungsinstanzen pflegen.

Hinzu kommt, dass Spenden der Tabakindustrie an politische Parteien nicht verboten sind. So erhielten die Schweizerische Volkspartei (SVP) und FDP.Die Liberalen im Wahljahr 2023 Spenden von Philip Morris.[4] Dieselben zwei Parteien stellten sich im Februar 2024 dann gegen das Werbeverbot für Tabakprodukte, obwohl dieses von einer Volksinitiative und von zahlreichen Gesundheitsverbänden gefordert wurde. Schliesslich lehnte der Nationalrat die Gesetzesvorlage ab.

Originalartikel erschienen unter: https://www.generationsanstabac.org/actualites/suisse-les-cigarettiers-contournent-linterdiction-doffres-promotionnelles-sur-le-tabac/

[1] Reiso.org, La pub pour le tabac augmente sa consommation, 31. Januar 2022, eingesehen am 20. Juni 2024.

[2] 20Minutes, La parade des cigarettiers face à la nouvelle loi: les «big packs», 16. Juni 2024, eingesehen am 20. Juni 2024.

[3] Génération sans tabac, Suisse: La nouvelle loi sur le tabac insatisfaisante au regard de la santé publique, 24. September 2021, eingesehen am 18. Juni 2024.

[4] Génération sans tabac, Suisse: deux partis politiques financés par Philip Morris, 19. Oktober 2023, eingesehen am 20. Juni 2024.

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