- 03.05.2022
- News
Tabakproduktion in der Schweiz
Der Anbau und die Kultivierung des Tabaks sind ressourcenaufwändig und unökologisch. Nicht nur werden enorme Mengen an Wasser für den Anbau sowie Holz für dessen Trocknung gebraucht, auch muss die heikle Pflanze mit starken Pestiziden behandelt werden. In der Schweiz, wo diese «marginale Kultur» überhaupt erst durch finanzielle Hilfeleistungen ermöglicht wird, bewirtschaften nur noch rund 135 Tabakbauern knapp 400 Hektaren Tabakanbaufläche – Tendenz sinkend!
Die ersten Tabakfelder in der Schweiz - wohlgemerkt einer nicht-heimischen Pflanze, die ihren Weg im 15. Jahrhundert nach Europa fand - erschienen Ende des 17. Jahrhunderts in der Region um Basel und etwas später im Tessin. Die Tabakpflanze ist jedoch nicht geeignet für hiesige klimatische Verhältnisse und die Qualität des Schweizer Tabaks ist folglich sehr schlecht. Der Anbau erfordert den Einsatz starker Agrochemikalien, die Böden, Wasser und die menschliche Gesundheit schädigen.[1] Nur durch ein finanzielles Unterstützungssystem, in dessen Zentrum die «Einkaufsgenossenschaft für Inlandtabak SOTA» steht, kann der hiesige Anbau überhaupt ermöglicht werden. Trotz garantierter Abnahmepreise, welche den Weltmarktpreis um ein Vielfaches übersteigen, ist die Anbaufläche in der Schweiz sowie die Zahl der Produzentinnen und Produzenten ist seit Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen. Heute wird der Tabak noch in acht Kantonen angebaut, dabei befinden sich 85% der Anbaufläche in den Kantonen Waadt und Freiburg.[2] Des Weiteren existieren Tabakfelder in den Kantonen Jura, Zürich, Thurgau, Bern, Aargau und Schaffhausen.
Ausgeklügeltes Unterstützungssystem für unrentablen Tabakanbau Der Anbau von Tabak ist arbeitsintensiv. Er umfasst das Bestimmen und Anlegen von landwirtschaftlichen Flächen, das Anpflanzen des Tabaks sowie die Pflege der Pflanzen und deren Ernte. Beim Trocknungsprozess werden die Tabakblätter getrocknet und verarbeitet. Diese erfolgt entweder mithilfe von Brennmaterialien (Holz, Kohle) oder an der Luft durch Sonneneinstrahlung.[3] Da sich der ressourcenintensive Tabakanbau wirtschaftlich in der Schweiz nicht lohnt, wurde die «Einkaufsgenossenschaft für Inlandtabak SOTA» geschaffen. Sie verfügt über einen Fonds, welcher durch eine Abgabe auf jedes Päckchen Zigaretten jährlich mit rund 13 Millionen Franken gespiesen wird.[4] Die Tabakernte wird, zu einem vorher zwischen Produzenten und Tabakfirmen[5] ausgehandelten Fixpreis, von der SOTA aufgekauft. Dieser Preis liegt ein Mehrfaches über den Weltmarktpreisen.[6] Die Tabakfirmen wiederum verpflichten sich den verarbeiteten Tabak von der SOTA-Tochter Fermenta, welche für den Trocknungsprozess verantwortlich ist, zu rund einem Viertel der Realkosten zu kaufen, die restlichen Kosten der Fermenta werden durch die SOTA gedeckt. Zusammengerechnet ergeben sich Unterstützungsbeiträge von fast 40'000 CHF pro Hektar Tabakfeld. Da die Gelder des SOTA-Fonds nicht mehr sämtliche Kosten decken, werden Fonds, SOTA und Tabakpflanzer durch die Tabakindustrie mit zusätzlichen Beiträgen direkt unterstützt. Die hohen Beträge, welche den Tabakbauern zufliessen, tragen dazu bei, dass die Tabakindustrie eine starke Lobby in der Landwirtschaft aufrechterhalten kann und widerspricht zudem sämtlichen Präventionsbemühungen in der Schweiz. |
Landwirtschaftliche Fläche
Die Produktion von Tabak erfordert die Nutzung grosser landwirtschaftlicher Flächen. Hierzulande werden noch rund 400 Hektar mit Tabak bepflanzt, weltweit wird die Anbaufläche auf 4,3 Millionen Hektar geschätzt – eine Fläche, so gross wie die Schweiz! Die Entwaldung, die für die Gewinnung von Anbaufläche notwendig ist, wirkt sich auf den Anstieg von Treibhausemissionen aus (Entwaldung und Brandrodung). Schätzungen zufolge könnten mehr als 10 Millionen Menschen ernährt werden, wenn der gesamte Tabakanbau durch den Anbau von Nahrungsmitteln ersetzt würde.[7]
Tabakfeld in der Schweiz (Bild: SwissTabac)
Sehr hoher Wasserverbrauch
Der Anbau von Tabak erfordert einen hohen Verbrauch an Wasser. Für die Produktion von einer Tonne grünem Tabak sind 670 Tonnen Wasser erforderlich - dies entspricht dem achtfachen Wasserbrauch für dieselbe Menge an Kartoffeln! Weltweit werden jährlich 32,4 Millionen Tonnen grüner Tabakblätter produziert und daraus entstehen 6,5 Millionen Tonnen getrockneter Tabak. Damit wiederum werden pro Jahr rund 6 Billionen Zigaretten produziert.[8] Ganze 22 Billionen Liter Wasser werden dafür eingesetzt – dies entspricht 3,7 Litern pro Zigarette.[9]
Trocknungsprozess: Einsatz fossiler Energieträger
Für die Weiterverarbeitung werden die grünen Tabakblätter getrocknet. Da die Trocknung per Trocknungsscheunen mithilfe frischer Luft länger dauert, werden für den Trocknungsprozess in Öfen jährlich 8 Millionen Tonnen Holz benötigt, zusätzlich dazu erfordert er weltweit 13,6 Millionen Tonne Kohle. So werden etwa die gepressten Blätter des Virgin-Tabaks, einer der zwei in der Schweiz angebauten Sorten, nach der Ernte an Rechen gepackt und mithilfe eines Ofens getrocknet.[10] Weitere fossile Energie wird für diverse landwirtschaftliche Tätigkeiten benötigt. Für die Produktion einer Tonne grünen Tabaks müssen hierfür 129kg Treibstoff aufgewendet werden.[11]
Gestörtes Ökosystem
In den meisten landwirtschaftlichen Betrieben wird Tabak in Monokulturen angebaut, was zu einem Ungleichgewicht der Nährstoffe und einem Verlust der Fruchtbarkeit der Böden sowie der Entwicklung von Pflanzenkrankheiten führt. Die Kultivierung der Pflanze erfordert den Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln, die schädlich für die Umwelt und die Gesundheit der Bäuerinnen und Bauern sind. Manche dieser Mittel sind aufgrund ihrer Gefährlichkeit in Ländern mit hohem Einkommen sogar verboten.[12]
Fazit
Der Anbau von Tabak in der Schweiz wie auch global ist umweltschädlich. Der aufwendige Anbau dieser exotischen Pflanze in der Schweiz ist verbunden mit hohem Wasser- und Holzverbrauch sowie dem Einsatz starker Pestizide, die das Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen. Zudem hat der Tabakanbau enorme soziale und gesundheitliche Implikationen, v.a. in den grossen Anbaugebieten in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen, auf welche hier nicht eingegangen wurde.
Welttag ohne Tabak vom 31. Mai «Tabak: Eine Bedrohung für unsere Umwelt» Der Tabak hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern jeder einzelne Schritt der Tabakproduktionskette gefährdet auch unsere Umwelt. Vom Anbau, über die Produktion bis hin zu Vertrieb und Entsorgung teils giftiger Abfälle gefährden der Tabak und die Tabakindustrie unseren Planeten. Allein die Herstellung des Tabaks benötigt jährlich 22 Billionen Liter Wasser – hauptsächlich für dessen Anbau. Zudem werden für den Anbau und den Trocknungsprozess Tausende Hektar Land pro Jahr entwaldet. Und die Zigarettenproduktion verursacht weltweit jährlich 84 Millionen CO2-Äquivalente. Zur Kampagnenseite |
[1] Mangora et al. 2018.
[2] Swiss Tabac. Die Dachgenossenschaft der Tabakbauern in der Schweiz.
[3] Aminian et al. 2019.
[4] 2,6 Rappen pro 20er-Packung Zigaretten und 1,73 CHF pro Kilogramm losen geschnittenen Tabak
[5] Philip Morris, British American Tobacco, Japan Tobacco
[6] Schürch et al. 2021.
[7] Aminian et al. 2019.
[8] Aminian et al. 2019.
[9] Aminian et al. 2019.
[10] Swiss Tabac. Die Dachgenossenschaft der Tabakbauern in der Schweiz.
[11] Aminian et al. 2019.
[12] Aminian et al. 2019.
Literaturverzeichnis
Aminian, Esfandariar; Jacot Sadowski, Isabelle; Cornuz, Jacques (2019): Impact environnemental du tabagisme. In: Revue medicale suisse 15, S. 1974–1978.
Mangora, Mwita M.; Akther, Farida; Knotz, Susanna (2018): Ruinierte Natur. Entwaldung, Pestizide und Nikotin. Hg. v. Sonja von Eichborn und Unfairtobacco.org. Berlin. Online verfügbar unter https://unfairtobacco.org/wp-content/uploads/2018/12/Ruinierte-Natur_2018.pdf, zuletzt geprüft am 05.04.2022.
Schürch, Kris; Diethelm, Pascal; Ruggia, Luciano (2021): Switzerland Tobacco Industry Interference Index 2021. Hg. v. AT Schweiz. Global Center for Good Governance in Tobacco Control (GGTC). Bangkok, Thailand. Online verfügbar unter https://globaltobaccoindex.org/country/CH.
Swiss Tabac. Die Dachgenossenschaft der Tabakbauern in der Schweiz (Hg.): Der Tabakanbau in der Schweiz. Online verfügbar unter https://swisstabac.ch/wp-content/uploads/der-tabakbau-in-der-schweiz.pdf, zuletzt geprüft am 12.04.2022.
Swiss Tabac. Die Dachgenossenschaft der Tabakbauern in der Schweiz (Hg.): Vorstellung der Produktion. Online verfügbar unter https://swisstabac.ch/de/home/, zuletzt geprüft am 11.04.2022.