Test von E-Liquids: bedenkliche Resultate

Neue Analysen aus Australien und den USA belegen, dass es unzählige und zum Teil bedenkliche chemische Komponenten in E-Liquids und im E-Dampf vorhanden sind. Sie bestätigen damit ältere Analysen und weisen auf mögliche weitere problematische Stoffe hin. Sie machen zudem deutlich, dass die meisten der vorhandenen chemischen Komponenten noch nicht identifiziert sind und deren Gefahrenpotential unbekannt ist.

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Bild: Flüssigkeitsbehälter einer E-Zigarette

In einer 2019 publizierten Analyse hat das Team um Professor Alexander Larcombe nikotinfreie E-Liquids in Australien getestet. Bereits die damaligen Resultate waren überraschen und bedenklich. Von den 10 getesteten Liquids enthielten 60% Nikotin und davon einige in Mengen, die nicht mit einfachen Verunreinigungen erklärt werden konnten. In allen Proben fanden die Forschenden 2-Chlorphenol - eine Chemikalie, die häufig in Pestiziden und Desinfektionsmitteln verwendet wird und bekanntermassen Haut und Lunge reizt. Weiter enthielten die meisten getesteten E-Liquids 2-Aminooctansäure, eine Aminosäure, die in Fäkalien, Urin und Blut von Säugetieren, vorkommt. Die Ergebnisse haben das Team zur Ausweitung der Testreihe bewogen.

Bestätigung der bedenklichen Resultate

In der vorliegenden Analyse wurden 65 E-Liquids getestet. Alle untersuchten E-Liquids wurden online oder in Geschäften in Australien gekauft. Alle wurden als «Bestseller» in Australien hergestellt und nikotinfrei beworben, so dass sie wahrscheinlich repräsentativ für das sind, was viele australische E-Zigarettenkonsumenten verwenden. Für die neue Testreihe wurden die E-Liquids zudem erhitzt, um den Konsum der Liquids zu simulieren und zu testen welche neue Stoffe unter diesen Umständen entstehen.

Das Forscherteam hat bei den Tests eine Reihe von chemischen Aromastoffe gefunden, welche zu grossen Teilen als «allgemein sicher» eingestuft werden, wenn sie in Lebensmitteln und Getränken verwendet werden. Welche Folgen die Inhalation dieser Stoffe langfristig mit sich bringen, ist hingegen unbekannt.

Es wurden erneut Spuren von Nikotin festgestellt, jedoch in weniger Proben und in geringeren Konzentrationen. Die Autoren gehen davon aus, dass die ein Hinweis ist, dass in der Zwischenzeit bei der Herstellung der Liquids sauberer gearbeitet wird. Es könnte auch daran liegen, dass nur auf sog. «freies» Nikotin getestet wurde und nicht auf die heute weit verbreiteten Nikotinsalze.

Weiter fand das Forscherteam verschiedene bedenkliche Chemikalien wie 2-Chlorphenol, Benzaldehyd, trans-Zimtaldehyd und Menthol. 2-Chlorphenol allerdings nur in etwa der Hälfte der getesteten E-Liquids. Benzaldehyd wurde in allen E-Liquids bis auf vier gefunden, während Menthol und trans-Zimtaldehyd in etwa drei Viertel der E-Liquids enthalten waren.

Das Vorhandensein dieser chemischen Aromastoffe ist aus mehreren Gründen bedenklich:

  • Alle genannten Chemikalien sind dafür bekannt, dass sie die Wirkung von Nikotin verändern. Menthol erhöht das Suchtpotenzial von Nikotin.
  • Benzaldehyd und trans-Zimtaldehyd sind dafür bekannt, dass sie ein Enzym namens CYP2A6 hemmen. CYP2A6 ist entscheidend für den Abbau von verschiedensten Stoffen im menschlichen Körper. Die Hemmung dieses Enzyms führt dazu, dass Nikotin länger im Körper von E-Zigaretten Konsumenten verbleibt.
  • Benzaldehyd ist zudem ein Reizstoff für die Atemwege und beeinträchtigt die Immunabwehr bei Lungeninfektionen. Trans-Zimtaldehyd hat sogar noch stärkere Auswirkungen auf die Immunzellen in der Lunge.

Chemischer Fingerabdruck

Ein Forschungsteam der Johns-Hopkins-Universität ist bei der Analyse von E-Liquids und E-Dampf noch weitergegangen und hat einen kompletten chemischen Fingerabdruck der getesteten Produkte gemacht. Bisher haben sich die Analysen von E-Liquids und E-Dampf auf bekannte Stoffe, welche auch im Rauch von Zigaretten vorkommen, beschränkt. Diese Analysen sind auch die Basis für die Behauptung E-Zigaretten seien weniger schädlich als Zigaretten. Dabei wurde ausseracht gelassen, dass sich in den E-Liquids und im E-Dampf auch andere toxische Stoffe befinden könnten.

Analysiert wurden die E-Liquids mit Tabakaroma von vier in den USA beliebten Marken (Mi-Salt, Vuse, Juul and Blu). Bei ihrer Analyse hat das Team um Mina Tehrani in E-Liquids und E-Dampf fast 2.000 Chemikalien gefunden, von denen die grosse Mehrheit nicht identifiziert wurde. Von denjenigen, die das Team identifizieren konnte, waren sechs Substanzen potenziell schädlich, darunter drei Chemikalien, die zuvor noch nie in E-Zigaretten gefunden wurden. Das Team war besonders überrascht, in zwei der vier Produkte das Stimulans Koffein zu finden. Koffein wurde bereits in E-Zigaretten nachgewiesen, allerdings nur in koffeinhaltigen Geschmacksrichtungen wie Kaffee und Schokolade. Dies wirft die Frage auf, ob das Koffein absichtlich hinzugefügt wurde und mit welcher Absicht. Neben Koffein fand das Team drei Industriechemikalien, ein Pestizid und zwei Aromastoffe, die mit möglichen toxischen Wirkungen und Reizungen der Atemwege in Verbindung gebracht werden.

Keine neuen Erkenntnisse

Bereits 2016 hat eine Analyse von Sleiman et al belegt, dass sich verschiedene chemische Verbindungen im E-Dampf finden, welche die aufgrund ihrer potenziell schädlichen Auswirkungen auf Nutzer und passiv exponierte Nichtnutzer Anlass zur Sorge geben. Diese chemischen Emissionen werden sowohl mit krebserregenden als auch mit nicht krebserregenden Gesundheitsauswirkungen in Verbindung gebracht. Zusätzlich zu den Aldehyden und anderen flüchtigen organischen Verbindungen, haben die Forscher das Vorhandensein von Propylenoxid in E-Liquids und von Glycidol in den Dämpfen festgestellt. Beide Verbindungen gelten als mögliche oder wahrscheinliche Karzinogene.

Zu viele Unbekannte

Die Ergebnisse der Analysen aus Australien und den USA zeigen vor allem eines deutlich auf – wie wenig wir zurzeit über die chemischen Komponenten von E-Liquids und E-Dampf wissen. Bedenklich ist nicht nur die Anzahl der gefundenen Stoffe, sondern die Tatsache, dass ein Grossteil nicht identifiziert ist. Diese Unbekannte verunmögliche eine brauchbare Risikoanalyse des E-Zigarettenkonsums. Gut möglich, dass sich unter den nicht identifizierten Stoffen weitere schädliche Stoffe befinden. Zudem belegt die australische Untersuchung, dass sich neben bekanntermassen schädlichen Stoffen auch solche zu finden sind, deren mögliche gesundheitliche Folgen bei Inhalationsexposition unbekannt sind.

Die Untersuchungen belegen eine Sache deutlich: der Konsum von E-Zigaretten ist für die Gesundheit der Konsumenten nicht risikofrei, nur wie gross das Risiko ist, bleibt unbekannt

Quellen:

Larcombe, Alexander; Allard, Sebastien; Pringle, Paul; Mead-Hunter, Ryan; Anderson, Natalie; Mullins, Benjamin (2021): Chemical analysis of fresh and aged Australian e-cigarette liquids. In The Medical journal of Australia. DOI: 10.5694/mja2.51280.

Sleiman, Mohamad; Logue, Jennifer M.; Montesinos, V. Nahuel; Russell, Marion L.; Litter, Marta I.; Gundel, Lara A.; Destaillats, Hugo (2016): Emissions from Electronic Cigarettes: Key Parameters Affecting the Release of Harmful Chemicals. In Environ. Sci. Technol. 50 (17), pp. 9644–9651. DOI: 10.1021/acs.est.6b01741.

Tehrani, Mina W.; Newmeyer, Matthew N.; Rule, Ana M.; Prasse, Carsten (2021): Characterizing the Chemical Landscape in Commercial E-Cigarette Liquids and Aerosols by Liquid Chromatography-High-Resolution Mass Spectrometry. In Chem. Res. Toxicol. DOI: 10.1021/acs.chemrestox.1c00253.

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