SDG 3
Gesundheit und Wohlergehen
Tabak ist weltweit die wichtigste Ursache für vermeidbare Todesfälle und Erkrankungen. Dies steht in direktem Widerspruch zum dritten UNO-Nachhaltigkeitsziel, das für alle Menschen jeden Alters ein gesundes Leben anstrebt.
Von Kindheit an sind die negativen Folgen des Tabakkonsums spürbar. Oft sind Minderjährige dem Passivrauchen ausgesetzt. Dies führt jährlich zu 600 000 Todesfällen unter den Nichtrauchenden; davon ein Viertel Kinder unter fünf Jahren.[1] Hinzu kommt der Tertiärrauch, also Nikotinpartikel, die auf Kleidern, Teppichen, an Mauern und Vorhängen hängen bleiben, dort jahrelang verharren können und die Gesundheit der Kinder, die mit Rauchenden zusammenleben, beeinträchtigen.
Die Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppe ist besonders exponiert. Denn das Gehirn steht bis 25 Jahre in Entwicklung, während Nikotin die Aktivität der Hirnzellen beeinträchtigen kann.[2] Dies führt zu Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, zu Angstzuständen, Reizbarkeit und triebhaftem Verhalten.[3]
Die meisten Rauchenden beginnen schon im Jugendalter damit. Die Wirkung des Tabaks setzt praktisch unverzüglich ein, manchmal schon Tage nach Annahme der neuen Gewohnheit. Im Zigarettenrauch sind über 7000 Substanzen enthalten; dazu gehören die Bestandteile des Tabaks (Nikotin, Blei, Arsen, Blausäure, Formaldehyd und Ammoniak, um nur sie zu nennen) und die Giftstoffe, die bei der Verbrennung entstehen.
Das Einatmen dieser Stoffe führt in den Körperzellen zu oxidativem Stress, verursacht Entzündungen, verändert das Lipidprofil und schwächt das Immunsystem. Rauchende sind auch stärker durch schwere Lungenkrankheiten wie Tuberkulose, Asthma und Atemnot (Kurzatmigkeit) gefährdet.[4] Mittelfristig besteht das Risiko von Diabetes Typ 2, arteriosklerotischer Plaque («Arterienverkalkung») und Parodontitis (Entzündung des Zahnfleischs).[5]
Auch der Tabakanbau hat negative Auswirkungen, und zwar auf die Landarbeiterinnen und Landarbeiter, die mit zahlreichen Pestiziden in Berührung kommen. Bei einigen ergibt sich die «grüne Tabakkrankheit», eine Nikotinvergiftung aufgrund des Hautkontakts mit feuchten Tabakblättern. Diese verursacht Schwindel, Übelkeit, Durchfall und allgemeine Muskelschwäche. In einzelnen Fällen ist ein Spitalaufenthalt erforderlich.[6]
In den tabakproduzierenden Ländern wie Bangladesch sind die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Zigarettenfabriken dichtem Tabakstaub ausgesetzt. Dies führt zu Lungenschäden und bei den vielen dort arbeitenden Kindern auch zu Wachstumsstörungen.[7]
Mit zunehmenden Alter nimmt die schädliche Wirkung des Zigarettenkonsums ständig zu. So ist der Tabakkonsum die Ursache von 90 Prozent aller Lungenkrebserkrankungen und von 25 Prozent aller krebsbedingten Todesfälle weltweit.[8] Insbesondere verursacht er Speiseröhren-, Mund- und Hals-, Magen-, Leber- und Darmkrebs. Diese Gesundheitsbeeinträchtigungen korrelieren direkt mit der Dauer des Tabakkonsums in Jahren und der Anzahl Zigaretten pro Tag.
Für chronische tabakbedingte Erkrankungen, die bei Menschen im reifen Alter tendenziell häufiger vorkommen, ist diese Verknüpfung zwar weniger eindeutig. Doch für Koronarerkrankungen stellt der Tabakkonsum ein wichtiger Risikofaktor dar. Dabei ist aber eine Zigarette am Tag fast so gefährlich wie zwanzig, denn auch eine am Tag reicht, um das Herzinfarkt- oder Hirnschlagrisiko um 40 Prozent zu steigern.
Kommt das Rauchen zu weiteren Risikofaktoren hinzu, etwa erhöhtem Cholesterinspiegel, nicht behandeltem Bluthochdruck oder Zuckerkrankheit (Diabetes), ist die Gefahr noch grösser. Insgesamt gehen 20 Prozent aller herzkreislauf-bedingten Todesfälle auf den Tabak zurück.
Die Rauchenden stellen auch für Atemwegs- und Lungenkrankheiten eine Risikogruppe dar; insbesondere für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, eine chronische Bronchitis, die allmählich zu Atemnot führt. In der Coronapandemie sind die Tabakkonsumierenden besonders für das Virus anfällig. Der Anteil der Spitalbesuche und der Todesfälle ist bei ihnen deutlich höher als bei den Nichtrauchenden.[9]
Teils führt das Zigarettenrauchen auch zu Augenschäden wie etwa grauer Star oder Makuladegeneration, teils auch zu Arthritis oder zu Problemen mit der Knochendichte.[10]
Insgesamt ist das Rauchen weltweit für 8 Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich. In der Schweiz sind es 9500 Todesfälle pro Jahr.[11] Angesichts der Tatsache, dass die UNO-Nachhaltigkeitsziele vorsehen, die Sterblichkeit aufgrund nichtübertragbarer Krankheiten bis 2030 um 30 Prozent zu senken, würde sich eine Abnahme der Anzahl Raucherinnen und Raucher besonders deutlich auf die Erreichung dieses Zieles auswirken.
Obschon die gesundheitlichen Auswirkungen von Tabak unbestreitbar sind, hat sie die Tabakindustrie lange Zeit abgestritten und sich auf die Vermarktung von «milden» und Filterzigaretten konzentriert. Kürzlich hat sie ihren Diskurs geändert und rückt nunmehr Innovationen wie E-Zigaretten und erhitzte Tabakprodukte in den Vordergrund. Doch machen auch diese abhängig, enthalten schädliche Substanzen wie Nikotin, und ihre Gesundheitswirkungen sind noch nicht genügend bekannt.
Die effizienteste Massnahme, um die Gesundheitswirkung von Zigaretten einzudämmen, ist und bleibt die Senkung der Anzahl Rauchenden. Das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs sieht eine Reihe von Lösungsansätzen vor, um die Gesundheitswirkung einzudämmen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um staatlich verordnete strukturelle Massnahmen, um den Tabakkonsum und somit seine gesundheitsschädigende Wirkung zu reduzieren.
Dazu gehören auch die Einführung von Gesetzen, um Nichtrauchende vor dem Passivrauchen zu schützen, die Regulierung der Inhaltsstoffe tabakhaltiger Produkte und die Publikationspflicht der Zusammensetzung. Daneben sind auf den Paketen Aufschriften wie «light» oder «mild», die den Eindruck vermitteln, die Zigaretten seien unschädlich, zu untersagen. Vielmehr sind jederzeit Warnhinweise zu den Gesundheitsfolgen aufzudrucken.[12]
[1] https://fctc.org/wp-content/uploads/2015/03/Tobacco_sustainable_development_190315.pdf
[2] Benowitz, Neal L. (2010): Nicotine addiction. In The New England journal of medicine 362 (24), pp. 2295–2303. DOI: 10.1056/NEJMra0809890
[3] U.S. Department of Health and Human Services (2016): E-Cigarette Use Among Youth and Young Adults. A Report of the Surgeon General et Kutlu, Munir Gunes; Gould, Thomas J. (2015): Nicotine modulation of fear memories and anxiety: Implications for learning and anxiety disorders. In Biochemical pharmacology 97 (4), pp. 498–511. DOI: 10.1016/j.bcp.2015.07.029. et Hughes, John R. (2007): Effects of abstinence from tobacco: valid symptoms and time course. In Nicotine Tob Res 9 (3), pp. 315–327. DOI: 10.1080/14622200701188919. et Froeliger, Brett; Modlin, Leslie A.; Kozink, Rachel V.; Wang, Lihong; Garland, Eric L.; Addicott, Merideth A.; McClernon, F. Joseph (2013): Frontoparietal attentional network activation differs between smokers and nonsmokers during affective cognition. In Psychiatry research 211 (1), pp. 57–63. DOI: 10.1016/j.pscychresns.2012.05.002.
[4] Bonnie RJ, Stratton K, Kwan LY, editors. Public Health Implications of Raising the Minimum Age of Legal Access to Tobacco Products. Washington (DC): National Academies Press (US); 2015 Jul 23. 4, The Effects of Tobacco Use on Health.
[5] Ebd.
[6] Graen, Laura. (2018). Tobacco industry: Truly transformed or using SDGs as a smokescreen for old strategies?.
[7] Shoba John; Shailesh Vaite; Debra Efroymson (2003): Tobacco and Poverty Observations from India and Bangladesh. PATH Canada. Kanada.
[9] https://www.who.int/news-room/commentaries/detail/smoking-and-covid-19
[10] Bonnie RJ, Stratton K, Kwan LY, editors. Public Health Implications of Raising the Minimum Age of Legal Access to Tobacco Products. Washington (DC): National Academies Press (US); 2015 Jul 23. 4, The Effects of Tobacco Use on Health.