Littering

Zigarettenstummel sind der am häufigsten weggeworfene Gegenstand auf unserem Planeten – 4,5 Billionen landen jährlich auf dem Boden – davon mehr als 6 Milliarden allein in der Schweiz. Die Kunststofffilter gelangen somit in unsere Umwelt, zersetzen sich nur langsam und setzen dabei giftige Chemikalien frei – eine Gefahr für Mensch und Tier. Die Tabakindustrie vermarktet ihre nutzlosen Filter seit Jahrzehnten als Mittel, das Rauchen weniger gesundheitsschädigend zu machen und ist hauptverantwortlich für das enorme Littering-Problem.

Sie liegen auf Trottoirs, auf dem Waldboden, im Sand oder schwimmen in Gewässern: Zigarettenstummel. Achtloses Wegwerfen von Zigarettenstummeln ist die akzeptierteste Form des Litterings. 75% der Raucher und Raucherinnen geben an, ihre Stummel schon auf den Boden oder aus dem Auto geworfen zu haben. Gemäss Studien werden 65% aller Stummel auf diese Weise «entsorgt».[1] So landen diese auch in der Schweiz milliardenfach auf dem Boden.

Zigarettenfilter: toxischer Plastikmüll

Das Problem: Zigarettenstummel, bzw. die Filter, bestehen zum grössten Teil aus dem schwer abbaubarem Kunststoff Zelluloseacetat – sie zählen somit zum Plastikmüll - und enthalten eine Reihe giftiger Substanzen (Arsen, Nikotin, Schwermetalle usw.).[2] Ein Teil der Schadstoffe stammt aus dem Tabak oder dessen Verarbeitung, ein weiterer Teil entsteht bei der Verbrennung des Tabaks. Es kann über zehn Jahre dauern, bis sich ein Stummel im Freien zersetzt hat. Dabei werden giftige Stoffe freigesetzt, die die Natur belasten. Durch den Regen sickern die giftigen Substanzen aus den Zigarettenstummeln in Böden, Seen und Flüsse und gefährden die dort lebenden Organismen. Bei einer Konzentration eines Zigarettenstummels pro Liter Wasser können 50% der dort lebenden Fische sterben.[3] Und Schätzungen zufolge verschmutzt ein einziger Stummel mindestens 40 Liter Wasser.

Auch der Kunststoff an sich stellt ein Problem dar. Denn es besteht die Gefahr, dass Kleinkinder sowie Meerestiere und Vögel das Mikroplastik verschlucken. Ein einziger Filter besteht aus mehr als 15’000 einzelnen Plastikfasern und ist eine der Hauptursachen für Mikroplastik in den Ozeanen.[4] In einer Untersuchung fand man Rückstande von Zigarettenfiltern in 70% der untersuchten Seevögel und 30% der Meeresschildkröten.[5] Schlucken Kleinkinder die Stummel, die sie auf Spielplätzen finden, droht eine Vergiftung.

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Weggeworfene Zigarettenstummel im Sand (Bild: Brian Yurasits, Unsplash)

Geschichte eines historischen Betrugs

Nachdem Filter erstmals in den 1860er Jahren auftauchten, um zu verhindern, dass Tabakstückchen in den Mund gelangten, führte die Tabakindustrie in den 1950er Jahren moderne Zigarettenfilter aus Zelluloseacetat ein, um Bedenken gegenüber rauchbedingtem Lungenkrebs zu zerstreuen.[6] Filter wurden stets als grosse Innovation und als Mittel zur Verminderung der Gesundheitsrisiken vermarktet. So führten bspw. die in den 1970er und -80er Jahren eingeführten Filterperforationen zur Herstellung von «milden» und «light» Zigaretten zu einem geringeren maschinell gemessenen Teer- und Nikotingehalt. Da beim Rauchen jedoch die Löcher im Filter durch die Finger des Rauchers oder der Raucherin abgedeckt werden, werden Gesundheitsschäden eher vergrössert, da die Rauchenden häufiger und tiefer ziehen, um ihr Verlangen nach Nikotin zu stillen. Die überwältigende Mehrheit unabhängiger Untersuchungen zeigt, dass Filter die mit dem Rauchen verbundenen Schäden nicht verringern – im Gegenteil.[7]

Das Aufsammeln und Entsorgen weggeworfener Zigarettenstummel fordern Gemeinden und Städte enorm. Es entstehen hohe Reinigungskosten, die die öffentliche Hand belasten. Bemühungen der Tabakindustrie, dem Problem entgegenzutreten, bestehen einzig und allein darin, in heuchlerischen Greenwashing-Kampagnen ihre Produkte zu vermarkten und mit Pseudolösungen, wie dem Papierfilter, die öffentliche Aufmerksamkeit ihrer Produkte zu steigern. Filter sind nicht nur umweltschädlich, sondern auch nutzlos und haben nur den Zweck, den Rauchern vorzugaukeln, dass sie die Gesundheitsrisiken verringern, und so halten sie die Konsumierenden in der Tabakabhängigkeit fest. Die einzige wirksame Lösung wäre ein vollständiges Verbot der Verwendung von Filtern.[8]

Einweg-E-Zigaretten

Auch weitere, von der Tabakindustrie produzierte und vermarktete Tabak- und Nikotinprodukte wie Puff Bars werden unsachgemäss entsorgt. Puff Bars sind elektronische Einweg-Zigaretten, die in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich sind. Sie sind günstig, einfach zu beschaffen und erfreuen sich bei Jugendlichen zunehmender Beliebtheit.

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Elektronische Einweg-Zigaretten wie Puff Bars: ein ökologischer Albtraum (Bild: TobaccoFree Ca)

Bei der Vermarktung und Werbung von Puff Bar-Produkten wird ihre Entsorgungsfähigkeit betont, obwohl nur minimale Entsorgungshinweise angegeben und sie häufig falsch entsorgt werden. Einweg-und Wegwerf-E-Zigaretten wie Puff Bar werfen erhebliche ökologische Bedenken auf: Sie werden, wie der Name sagt, nur einmal verwendet und dann mit ihrem Kunststoffgehäuse und den Batterien aus Lithium, Kobalt und Nickel weggeworfen. Zusätzlich zu den Batterien und Kunststoffen enthalten Puff Bars in der Regel auch metallische Verdampferköpfe und schädliche Chemikalien. Schwermetalle wie Blei, aber auch Nikotin können austreten und eine Biogefährdung darstellen. Ein Blick auf die für die Herstellung von Puff Bar wichtigsten Rohstoffe zeigt, dass die Produktion verheerende Auswirkungen auf Ökosysteme und Gemeinschaften mit sich bringt: Die erforderlichen Rohstoffe werden durch einen nicht-nachhaltigen Abbau gewonnen.

Video zum Thema

National Geographic: https://www.nationalgeographic.com/environment/article/cigarettes-story-of-plastic

Welttag ohne Tabak vom 31. Mai «Tabak: Eine Bedrohung für unsere Umwelt» Der Tabak hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern jeder einzelne Schritt der Tabakproduktionskette gefährdet auch unsere Umwelt. Vom Anbau, über die Produktion bis hin zu Vertrieb und Entsorgung teils giftiger Abfälle gefährden der Tabak und die Tabakindustrie unseren Planeten. Allein die Herstellung des Tabaks benötigt jährlich 22 Billionen Liter Wasser – hauptsächlich für dessen Anbau. Zudem werden für den Anbau und den Trocknungsprozess Tausende Hektar Land pro Jahr entwaldet. Und die Zigarettenproduktion verursacht weltweit jährlich 84 Millionen CO2-Äquivalente. Zur Kampagnenseite

[1] Truth Initiative 2018.

[2] Evans-Reeves et al. 2021.

[3] Slaughter et al. 2011.

[4] Shen et al. 2021.

[5] Lunge Zürich 2021.

[6] Harris 2011.

[7] Evans-Reeves et al. 2021.

[8] van Schalkwyk et al. 2019.

Literaturverzeichnis

Evans-Reeves, Karen; Lauber, Kathrin; Hiscock, Rosemary (2021): The ‘filter fraud’ persists: the tobacco industry is still using filters to suggest lower health risks while destroying the environment. In: Tob Control, tobaccocontrol-2020-056245. DOI: 10.1136/tobaccocontrol-2020-056245.

Harris, Bradford (2011): The intractable cigarette ‘filter problem’. In: Tobacco control 20 (Suppl 1), i10. DOI: 10.1136/tc.2010.040113.

Lunge Zürich (Hg.) (2021): Zigarettenstummel - kleine Umweltsünder, grosser Schaden. Online verfügbar unter https://www.lunge-zuerich.ch/userfiles/file/07_Shop/Merkblaetter/Merkblatt_Zigarettenstummel_kleine%20Umwelts%C3%BCnder%2C%20grosser%20Schaden.pdf, zuletzt geprüft am 16.04.2022.

Shen, Maocai; Li, Yougong; Song, Biao; Zhou, Chenyun; Gong, Jilai; Zeng, Guangming (2021): Smoked cigarette butts: Unignorable source for environmental microplastic fibers. In: The Science of the total environment 791, S. 148384. DOI: 10.1016/j.scitotenv.2021.148384.

Slaughter, Elli; Gersberg, Richard M.; Watanabe, Kayo; Rudolph, John; Stransky, Chris; Novotny, Thomas E. (2011): Toxicity of cigarette butts, and their chemical components, to marine and freshwater fish. In: Tob Control 20 Suppl 1, i25-9. DOI: 10.1136/tc.2010.040170.

Truth Initiative (Hg.) (2018): Why are cigarette butts the most littered item on earth? Online verfügbar unter https://truthinitiative.org/research-resources/harmful-effects-tobacco/why-are-cigarette-butts-most-littered-item-earth, zuletzt geprüft am 16.04.2022.

van Schalkwyk, May C. I.; Novotny, Thomas E.; McKee, Martin (2019): No more butts. In: BMJ, l5890. DOI: 10.1136/bmj.l5890.

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